Das Toyota-Produktions System (TPS)


Die Grundlagen

Das Toyota-Produktions System das ursprünglich von Taiichi Ohno,Geschäftsführer bei Toyota, entwickelt wurde, basiert auf drei Schlüsselfaktoren, die sich von denen der Mitbewerber aus der Automobilindustrie grundlegend unterscheiden:

Der Fokus des Toyota-Produktions Systems liegt auf der Beseitigung jeglicher Verschwendung. Die beiden Säulen dieses Systems bilden das Just-in-Time und die Jidoka (Autonomation). Bei der Just-in-Time-Produktion zieht ein nachgeschalteter Prozeßschritt aus dem vorgelagerten Prozeßschritt nur die Anzahl der benötigten Teile, genau zu dem Zeitpunkt wenn sie gebraucht werden. Unter Autonomation versteht man die Prozeßautomatisierung in die eine automatisierte Prüfung integriert ist. Die Anwesenheit eines Mitarbeiter ist nur dann erforderlich, wenn ein Fehler entdeckt wird (die Maschine stoppt und wird erst wieder mit der Produktion beginnen, wenn das Problem gelöst ist). Ein weit verbreitetes Mißverständnis in der westlichen Welt ist, daß das Toyota-Produktions System wird  mit Kanban gleichgesetzt wird. Nach der obigen Erläuterung ist das jedoch nicht der Fall.

Kosten und Preise

Ein weiteres Prinzip des Toyota-Produktions Systems liegt in der Definition der Gewinnspanne. Statt einen "Verkaufspreis = tatsächliche Kosten plus Gewinn" festzulegen, sieht es Toyota als selbstverständlich an, daß der Markt und nicht der Hersteller den Preis bestimmen. Daher findet bei Toyota die Formel "Verkaufspreis minus tatsächliche Kosten = Gewinn" Anwendung. Das Ziel muß also stets die Verringerung der Kosten und nicht eine Erhöhung des Verkaufspreises sein.

Firmendynamik und Unternehmensvitalität

Firmendynamik und die Unternehmensvitalität steigen, wenn Unternehmen das Toyota-Produktions System angewenden. Dieses System fokussiert alle Aktivitäten und den effizienten Materialeinsatz auf die Erfüllung der Kundenanforderungen. Zudem motiviert es die Mitarbeiter durch aktives Verbessern der Prozessabläufe am kontinuierlichen Verbesserungsprozeß teilzunehmen. Bei sinkender Nachfrage minimiert das System die Auswirkungen auf die Rentabilität, denn es werden nur die Lagerbestände produziert, die tatsächlich für die Produktion der bestehenden Aufträge notwendig sind. Gleichzeitig fördert das System auch die Flexibilität am Arbeitsplatz, so daß ein Unternehmen schneller auf wachsende und variierende Kundenanforderungen reagieren kann.

5 Mal Warum

Das Toyota-Produktions System entwickelte die Anwendung eines Prozesses, der "5 mal Warum" genannt wird. Indem man 5 mal die Frage "Warum" stellt und jedesmal eine Antwort gegeben werden muß, kann die wahre Ursache des Problems identifiziert werden. Oftmals sind die tatsächlichen Ursachen eines Problems hinter Symptomen versteckt und die wahre Ursache läßt sich nur durch eine Analyse der Symptome aufdecken. Siehe hierzu Problemlösung.

Prozeßfluß

Um eine Verbesserung des Prozeßflusses zu erzielen, entschied sich Ohno dafür, anstelle einer Zusammenlegung aller Maschinen eines Prozesses (z.B. alle Drehbanken in die Dreherei oder alle Pressen in ein Pressenhaus etc.) und dadurch einen Transport der Teile zwischen den Prozessen einrichten zu müssen, das Werk nach den Erfordernissen des Prozeßflusses auszulegen. Das Ein-Stück-Fluß-System eine Variante dieses Ansatzes.

Anschließend führte er die Mehrmaschinenbedinung ein. Das dazu führte, daß Mitarbeiter Mehrfachfähigkeiten- und Fertigkeiten erlangten und so flexibler einsetzbar waren (siehe auch Mitarbeiterausbildung und Fertigkeitsmatrix). Die Theorie des "Ein Mitarbeiter, viele Prozeßschritte" war geboren. Dieses System erhöhte die Effektivität der Produktion um das zwei- bis dreifache im Vergleich zum herkömmlichen "Ein Mitarbeiter, ein Prozeßschritt".

Die Stufen des Toyota-Produktions System

  1. Der erst Schritt des Toyota-Produktions Systems ist die Identifizierung von Verschwendung jeglicher Art:
    • Verschwendung durch Überproduktion
    • Verschwendung durch Wartezeiten
    • Verschwendung durch Transporte
    • Verschwendung im Prozeß
    • Verschwendung durch Lagerbestände
    • Verschwendung durch Bewegung
    • Verschwendung durch die Herstellung defekter Produkte
  2. Der zweite Schritt ist die Erstellung von Standardoperationen. Hier werden standardisierte Methoden für jeden Ablauf im Unternehmen erstellt. Ohno fand heraus, daß die Entwicklung dieser Dokumentation von den Mitarbeitern in der Fertigung erstellt werden muß. Die Standardoperationen müssen äußerst detailliert beschrieben sein, z.B.  welche Teile, in welcher Reihenfolge, mit welcher Hand aufgenommen werden. Dies muß ohne Ausnahme für sämtliche Vorgänge erfolgen.
  3. Der dritte Bereich gilt der Schaffung einer Kultur, in der sich Teamarbeit entwickeln kann. Teamsportarten sind hierfür eine nützliche Analogie. Der Arbeitsfluß kann mit einem Staffellauf verglichen werden. Um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu garantieren, muß sich auf die "Übergabe des Stabes" konzentriert werden, d.h. dort wo ein Mitarbeiter die Bearbeitung eines Produktes fertigstellt und dann an den nächsten Mitarbeiter  weitergibt.
  4. Ohno konzentrierte sich als nächstes auf Anlieferkonzepte. Die Just-in-Time-Theorie wurde aus der Methode amerikanischer Supermärkte entwickelt: eine gewisse Anzahl jeder Ware ist im Regal verfügbar und nur dann wenn ein freier Platz vorhanden ist, wird die Ware wieder aufgefüllt. Die Vorgehensweise zur Unterstützung und Kontrolle des Just-in-Time-Anlieferkonzeptes wird Kanban genannt.

    Die gebräuchlichste Form von Kanban ist eine Karte in einer Klarsichthülle. Kanban bedeutet soviel wie Signal. Ein Signal können z.B. markierte Flächen auf dem Boden sein die der Fertigung den Auftrag zur Produktion erteilen. Solange auf dieser markierten Fläche Material verfügbar ist, bedeutet dies keine Produktion. Hat der nachfolgende Prozeß das Material auf der Stellfläche verbraucht, heißt das für den vorgelagerten Prozeß genau die für den Stellplatz definierte Menge zu fertigen und dort wieder bereit zustellen.

    Die Hinweise auf der Karte enthalten Informationen bezüglich Entnahmemenge, Transport und Produktion. Mitarbeiter erhalten so direkt die notwendigen Informationen,über Entnahmemenge und Verwendungszweck.

    Durch die Anwendung von Kanban wird eine Überproduktion vermieden, denn das System beginnt bei der Endmontage und arbeitet von dort rückwärts, um ein "Ziehen" der Teile durch das gesamte System zu erreichen ("Zugsystem") und so den Teilefluß zu kontrollieren. Zur Kanban-Implementierung braucht es sowohl Geschicklichkeit als auch Mut, zur "Wiedereinführung des gesunden Menschenverstandes". Der Prozeß muß grundsätzlich rückwärts betrachtet werden. Die Produktion wird nun vom Bedarf und nicht von der Kapazität bestimmt.

  5. Der nächste Schritt besteht in der Nivellierung der Produktion, d.h. dem Angleichen von Produktionskapazitäten und -Zeiten. Dies beinhaltet auch die Reduzierung der Losgrößen und die damit verbundene Verringerung der Rüstzeiten.
  6. Das Just-in-Time-Konzept wurde auch bei der Informationsweiterleitung angewandt. Unnötige oder zu früh weitergeleitete Informationen führen bei Mitarbeitern zu Verwirrungen über die zu erwartenden nächsten Arbeitsschritte und fördern so die Überproduktion. Mit Informationen Just-in-Time können Bedarfsänderungen täglich angeglichen werden, da die Produktion nicht zu langfristig geplant wurde.

Das Toyota-Produktions System konzentriert sich grundlegend auf die Beseitigung von Verschwendung durch die Fokussierung auf wertschöpfende Tätigkeiten. Dieses beginnt mit einer Neudefinition des Begriffes Verschwendung, der alle nicht wertschöpfenden Aktivitäten beinhaltet. Durch die Verwendung einfacher Denkmethoden, beispielsweise das 5 mal Warum, ergeben sich innovative Lösungen für die allgemeinen Gründe der Verschwendung. Ohno’s größte Stärke lag stets darin, daß er bereit war Konzepte auf den Kopf zu stellen, um notwendige Durchbrüche im Kampf gegen die Verschwendung zu erreichen.